Unbewusste Begleiter - Gender Bias

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Hand auf`s Herz: Wie viele dieser Situationen kennen Sie und/oder haben das schon gehört?

Frauen reagieren oft emotionaler als Männer. Frauen können besser zuhören als Männer. Frauen können nicht so gut netzwerken wie Männer. Männer können besser mit Technik umgehen. Männer sind unkomplizierter. Männer können dies besser, Frauen das.

Erwischt? Frauen sind anders und Männer sind halt so?

Genderklischees sind auch 2021 noch fester Bestandteile unseres Denkens – und oft sind wir uns dessen nicht einmal bewusst. Der sogenannte »Gender Bias« steckt in jedem von uns. Der Grund dafür sind kulturelle Denkmuster, traditionelle Normen, gesellschaftliche Annahmen und frühere Erfahrungen.

Bemerkenswert ist, dass kaum ein Thema so zuverlässig zu hitzigen Diskussionen führt, wie die Frage, ob gendergerechte Sprache tatsächlich einen Einfluss auf unsere (unbewussten) Vorurteile und gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten hat oder nicht. Befürworter*innen verweisen darauf, dass Sprache die Art und Weise, wie wir unsere Welt wahrnehmen, grundlegend mitgestaltet. Wird z.B. überwiegend von Ärzten gesprochen, formt sich das Bild des Arztes als Beruf, für welchen hauptsächlich Männer qualifiziert sind. Eine Unterrepräsentation von Frauen in diesem Beruf ist dann die Folge. Gegner*innen dagegen sehen häufig die Leserlichkeit und Ästhetik der Sprache gefährdet. Zudem wird nicht selten argumentiert, dass die Änderung der Sprache nichts zur Lösung der grundlegenden Probleme, wie z.B. Lohnungleichheit, beiträgt.

Hat sie nun oder hat sie nun keinen Einfluss – die Sprache?

Ein Blick in die empirische Forschung kann helfen, diese Frage zu beantworten:

Eine Möglichkeit den Einfluss von Sprache auf unsere Einstellung zu Geschlechtergleichstellung zu untersuchen, bietet der Vergleich von Personen, deren Muttersprache die Verwendung des grammatikalischen Geschlechts unterschiedlich häufig bedingt. 2018 wurden mit genau diesem Ansatz 1200 Personen verglichen, die sowohl Estnisch (eine Sprache, die weitgehend auf Geschlechtszuweisungen verzichtet) als auch Russisch (eine Sprache, die stark gegendert ist) beherrschten. Zur Untersuchung ihrer Vorurteile bezüglich Frauen und Männer wurden die Personen entweder auf Estnisch oder auf Russisch interviewt. Das Ergebnis: Die Personen, die auf Estnisch interviewt wurden, zeigten eine deutlich geringere Ausprägung geschlechtsspezifischer Vorurteile. Die Studie wurde dann auf über 90 Länder ausgeweitet. Das Ergebnis wurde im großen Kontext bestätigt.

Eine gendergerechte Sprache allein wird die Ungleichheiten sicher nicht beseitigen. Sie kann jedoch einen Beitrag leisten, wie dieser kleine Ausschnitt aus der empirischen Forschung zeigt und damit ein Weg zu mehr Chancengleicht und Chancengerechtigkeit sein. Skepsis und Kritik sollten den Versuchen, dazu etwas beizutragen – auch wenn sie vielleicht manchmal diskutierbar und auch wieder verworfen werden – nicht im Weg stehen.

Dass unbewusste Begleiter über die Genderfrage hinaus tief in uns schlummern, wird in der Wissenschaft als "Unconscious Bias Effekte", kurzum Vorurteile bezeichnet und untersucht. Wir speichern die Erfahrungen, die wir in unserem Leben gemacht haben, ab und nutzen sie für die Bewertung anderer Situationen. Das gilt nicht nur für Gender Bias, sondern auch für viele andere Kontexte und Situationen. Das Studienzentrum der EKD für Genderfragen hat sich dieses Themas angenommen und eine Seite eingerichtet, auf der es anregendes Material und Informationen gibt: https://www.unbewusste-vorurteile.de/