Wie weiblich ist der Lehrer?

Konrad Duden schuf das nach ihm benannte Rechtschreibwörterbuch der deutschen Sprache, den Duden, und beeinflusste damit Ende des 19. Jahrhunderts maßgeblich die Entwicklung einer einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum.
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Mieter, Apotheker, Lehrer – bisher galten sie als generisches Maskulinum. Was das heißt? Dass der männliche Begriff alle weiteren Geschlechter umfasst. Die Mieterin, die Apothekerin und die Lehrerin werden quasi mitgedacht. Damit will die Duden-Online-Redaktion nun aufräumen. Bei rund 12.000 Artikeln über Personen- und Berufsbezeichnungen soll ein zweites, weibliches Pendant hinzugefügt werden. Der Mieter ist in Zukunft eine „männliche Person, die etwas gemietet hat“ und die Mieterin eben eine „weibliche Person, die etwas gemietet hat“.

Gegen diesen gendergerechten Online-Duden regt sich nun heftiger Widerstand. Die Bozener Sprachwissenschaftlerin Ewa Trutkowski spricht gar von „Sexualisierung der Sprache“ und von „Gender-Verwirrung“ und will nach wie vor am generischen Maskulinum festhalten. Der Linguist und emeritierte Professor Peter Eisenberg betont im Blick auf die etwaige Abschaffung des generischen Maskulinums: "Was der Duden jetzt macht, ist ein klarer Verstoß gegen feststehende Regeln im Standard-Deutschen. Die werden negiert und durch eigene Duden-Regeln ersetzt. Das heißt, der Duden vertritt nicht die Sprache, wie sie ist, sondern er will die Sprache umbauen. In dieser Offenheit, in dieser Dreistigkeit hat es das bisher nicht gegeben."Weit über 50 Prominente, Autoren, Wissenschaftler und Publizisten haben einen Aufruf gegen diese Veränderungen unterschrieben – mit dabei u.a. Wolfgang Thierse und Gloria von Thurn und Taxis.

Dass man bei dieser Diskussion – wie meistens – nicht pauschal urteilen kann, zeigen Worte wie „Engel“ oder „Scherzkeks“, meint Bernd Noack in seinem Artikel in den Nürnberger Nachrichten. Sei der Eine mit Sicherheit geschlechtslos, müsse man eine witzige Frau nicht unbedingt als „Scherzkeksin“ bezeichnen. Andererseits habe ich mich persönlich immer über die Bezeichnung "Frau Doktor“ gewundert, die früher auf so manchem Türschild prangte. Auch meine Mutter, Ehefrau eines Pfarrers, wurde in der Gemeinde häufig als „Frau Pfarrer“ begrüßt. Dass sich das zum Glück geändert hat, liegt sicher eher am etwas abwegigen Begriff als an einer sich dahinter verbergenden Diskriminierung.

Als Konrad Duden vor 140 Jahren sein Lexikon präsentierte, ging es ihm nicht um Sprachpolitik. Sein Blätterwerk sollte die Entwicklung der Sprache nachzeichnen. Reaktion statt Revolte. Die neuen, mitunter verwirrenden Sternchen und Schrägstriche, deuten also an, dass ein Umdenken in der Gesellschaft stattgefunden hat – so hoffe ich zumindest. Es wäre schön, wenn das In-Den-Blick- und Ernst-Nehmen der Verschiedenheit zu mehr Geschlechtergerechtigkeit und Begegnung auf Augenhöhe führen würde. Dass die Gender-Initiative des Online-Dudens zu mehr Gleichberechtigung, faireren Löhnen (nicht nur im Pflegebereich oder in Kitas) führt, glaube ich nicht. Da hilft kein Blick ins Lexikon, sondern nur ein Blick in unsere Welt und auf uns selbst. Und eine Frage ist ja noch offen: Was ist mit Menschen diversen Geschlechts?

Wer mitdiskutieren will, schickt eine Mail an guenter.kusch@afg-elkb.de. Einige der Rückmeldungen und Kommentare werden dann – in gekürzter Form - auf einer eigenen Seite unseres Blogs veröffentlicht.